Alle Beiträge von Anne Christine Emmert

Vollendet!

Shusterman: VollendetNeal Shusterman: Vollendet. Die Wahrheit. Fischer Kinder- und Jugendbuchverlag 2019.

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Nun ist er also da, der letzte Band der Unwind-Reihe des US-amerikanischen Jugendbuchautors Neal Shusterman. Die ersten drei Bände hatte ich 2012 bis 2014 gemeinsam mit Ute Mihr für den Verlag Sauerländer übersetzt, der zunächst zum Bibliografischen Institut in Mannheim  gehörte, ehe er bei S. Fischer in Frankfurt ein neues Zuhause fand. Wohl weil der Verlag im Umbruch war, geriet Neal Shustermans als Dreiteiler angelegte Dystopie, die sich zur Tetralogie auswuchs, ein wenig ins Hintertreffen und blieb sicher auch kommerziell hinter den Erwartungen zurück. Trotz enthusiastischer Leserrezensionen wurde die Übersetzung des vierten Bandes daher zunächst ausgesetzt, was manchen Fan grausam auf die Folter spannte.

Nach dem Erfolg der Shusterman-Reihe Scythe (übersetzt von Pauline Kurbasik und Kristian Lutze) konnte ich im vergangenen Jahr doch noch den vierten Band dieser, wie ich finde, sehr intelligenten Reihe übersetzen.

Auf die Handlung will ich hier nicht näher eingehen, dafür finden sich informative Blogs und Rezensionen im Netz. Nur so viel: Das dystopische Umfeld bringt es geradezu mit sich, dass man einige der Teenager mögen, andere (und die meisten Erwachsenen) hassen muss, während wieder andere in kein Schwarz-Weiß-Schema passen. Neal Shusterman erzählt einerseits schnörkellos, ja, geradezu nüchtern, versteht es aber gleichzeitig, seine Figuren  mit sprachlichen Mitteln individuell zu zeichnen. So kann der Designermensch Cam seine Umwelt mit spitzfindigen Bonmots zur Weißglut treiben; in dem „umbrabraunen“ Cyfi (Band 1) verbinden sich ein hoher Intelligenzquotient und starke sprachliche Südstaaten-Einsprengsel zu einer höchst eigenwilligen Mischung. Meine Lieblingsfigur ist aber Grace, die bei weitem nicht so „minderbemittelt“ ist, wie sie von ihrer Umgebung wahrgenommen wird.

Ich habe Neal Shusterman gern übersetzt und wünsche der vierteiligen Dystopie nun, da sie tatsächlich vollendet ist, viele Leserinnen und Leser!

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Brods Nachlass in Israel

Balint
Gefördert mit einem Arbeitsstipendium des Freundeskreises zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e. V.
Benjamin Balint: Kafkas letzter Prozess. Berenberg Verlag 2019.

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Der berühmteste Koffer der Literaturgeschichte hätte es beinahe nicht geschafft. Max Brod hatte ihn bei sich, als er 1939 mit dem letzten Zug von Prag nach Palästina floh. Im Koffer: Manuskripte, Notate, Kritzeleien seines Freundes Franz Kafka. Jahrzehnte später entsponn sich darum ein Gerichtskrimi, der erst 2016 ein Ende fand. Vordergründig wurde über den Nachlass von Max Brod entschieden, doch standen noch ganz andere Fragen im Raum: War Kafka vor allem ein jüdischer Autor? Wo ist sein Erbe richtig aufgehoben? In Israel? Oder in jenem Land, in dessen Namen Kafkas Familie einst ausgelöscht wurde? Eine filmreife Geschichte, die nicht nur zeigt, weshalb die Frage, wem Kafka gehört, zum Glück nie entschieden werden kann. (Verlagstext)

Rezensionen:

Deutschlandfunk:  Natascha Freundel im Gespräch mit Benjamin Balint (04.03.2019)

3sat: Beitrag in Kulturzeit (07.03.2019)

Susan Faludi

FaludiNeu Ende Oktober 2018:

Susan Faludi: Die Perlenohrringe meines Vaters. Geschichte einer Neuerfindung. München: dtv 2018.

Übersetzt von Judith Elze und Anne Emmert

Die Pulitzer-Preisträgerin Susan Faludi, bekannt für ihre Bücher Die Männer schlagen zurück und Männer: Das betrogene Geschlecht, erzählt in ihrem neusten Werk eine sehr persönliche Geschichte: die ihres Vaters, der als Jugendlicher in Budapest den Holocaust überlebte, über Dänemark und Südamerika in die USA gelangte, dort nach allen gesellschaftlichen Regeln der Nachkriegszeit eine Vorzeigefamilie gründete, Kinder und Ehefrau tyrannisierte, nach der Wende nach Ungarn zurückkehrte und mit über 70 Jahren eine Geschlechtsumwandlung vornehmen ließ.

Das Buch ist auch eine Studie über den zurzeit in psychologischen wie politischen Kontexten gefährlich schwärenden Begriff ‚Identität‘.“ (Süddeutsche Zeitung, 4.11.2018)

Faludi nähert sich ihrem Vater, die nun eine Frau ist, wieder an und schreibt ihr Leben auf. Dabei stößt sie ein ums andere Mal auf die Frage nach der Konstruktion von Identität: der religiösen, ethnischen, sexuellen und Gender-Identität des Individuums, aber auch der historischen und kulturellen Identität einer Nation wie Ungarn.

So entsteht eine Biografie mit autobiografischen Zügen, die sich mit dem Judentum ebenso beschäftigt wie mit ungarischer Geschichte und US-amerikanischer Gesellschaft, Frauen und Männern, Heimat und Exil, Transsexualität und der ewigen Frage nach dem Ich.

„Die Übersetzung […] übernimmt klug Faludis sachlichen, leise ironischen Ton.“ (Süddeutsche Zeitung, 4.11.2018)

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Die Vielfalt des Islam

Mourad-AndersonPerry Anderson und Suleiman Mourad: Das Mosaik des Islam. Berenberg Verlag 2018.

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Der britische Historiker Perry Anderson und sein Kollege Suleiman Mourad, gebürtiger Libanese, nutzten einen ausgedehnten Aufenthalt am Institut d’Etudes Avancées im französischen Nantes zu einem ausführlichen Gespräch über den Islam.

In dem daraus entstandenen Buch fügt sich dieser Dialog  zu einem Überblick über die wechselvolle Geschichte des Korans und des muslimischen Glaubens  zusammen. Der Bogen spannt sich von den ­Anfängen des Korans über ­Mohammed, die sunnitisch-schiitische ­Spaltung, die Entwicklung des ­Dschihad und Reformbestrebungen bis hin zum modernen Islam und seinen heutigen Herausforderungen.

Hier geht es zur Website des Berenberg Verlags.

 

Varoufakis: Im Zentrum der europäischen Macht

VaroufakisYanis Varoufakis: Die ganze Geschichte. Meine Auseinandersetzung mit Europas Establishment. Kunstmann 2017.

Übersetzt von Anne Emmert, Ursel Schäfer und Claus Varrelmann.

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Als griechischer Finanzminister löste Varoufakis eine der spektakulärsten und kontroversesten Auseinandersetzungen der jüngsten politischen Geschichte aus, als er versuchte, die Beziehung seines Landes mit der EU neu zu verhandeln. Trotz der massenhaften Unterstützung seitens der griechischen Bevölkerung und der bestechend einfachen Logik seiner Argumente – dass die gigantischen Kredite und die damit verbundene Sparpolitik, die seinem bankrotten Land aufgezwungen wurden, eine zerstörerische Wirkung haben – hatte Varoufakis nur in einem Erfolg: Europas politisches und mediales Establishment in Rage zu versetzen. Aber die wahre Geschichte der damaligen Geschehnisse ist beinahe unbekannt, weil so vieles in der EU hinter verschlossenen Türen stattfindet.

In diesem couragierten Bericht deckt Varoufakis alles auf und erzählt die ganze Geschichte von waghalsiger Politik, von Heuchelei, Betrug und Verrat, die das Establishment in den Grundfesten erschüttern wird.

Dieses Buch ist ein Weckruf, die europäische Demokratie zu erneuern, bevor es zu spät ist.

(Verlagstext)

Laurie Penny: Neue Essays

Laurie Penny: Bitch Doktrin. Gender, Macht und Sehnsucht. Hamburg: Edition Nautilus.

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Eine Besprechung finden Sie unter anderem hier.

Klug und provokant, witzig und kompromisslos sind Laurie Pennys herausragende Essays, die sie zu Recht zu einer der wichtigsten und faszinierenden Stimmen des zeitgenössischen Feminismus machen. Vom Schock der Trump-Wahl und den Siegen der extremen Rechten bis zu Cybersexismus und Hate Speech – Penny wirft einen scharfen Blick auf die brennenden Themen unserer Zeit.

Denn gerade jetzt, in Zeiten sich häufender Krisen in Europa und Amerika, ist es Verpflichtung, geschlossen hinter der Gleichstellung von Frauen, People of Colour und LGBT zu stehen. Der Kampf gegen Diskriminierung ist kein Nebenschauplatz, sondern Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaft.

Weit davon entfernt, einen Kampf gegen »die Männer« zu führen, greift Penny den Status quo gezielt an: Es geht ihr um Fairness, Umverteilung von Vermögen, Macht und Einfluss – weitreichende Forderungen, die sie nicht abmildert, indem sie eine rosa Schleife darum bindet.

Penny ruft dazu auf, sich nicht von jenen beeindrucken zu lassen, die uns den Mund verbieten und uns zu angepasster Liebenswürdigkeit zwingen wollen – sondern eine Bitch zu sein und die Stimme zu erheben.

(Verlagstext)

Genmais, Bienen und Unverträglichkeiten

Genbombe von Caitlin Shetterly

Caitlin Shetterly: Genbombe. Wie sich genmanipulierte Lebensmittel unbemerkt in unser Essen schleichen. München: Heyne 2017.

Übersetzt von Anne Emmert und Fabienne Pfeiffer.

Gefördert vom Freundeskreis Literaturübersetzer e. V. mit einem Arbeitsstipendium des Landes Baden-Württemberg.

Die Krankheitssymptome, die Caitlin Shetterly von einem Arzt zum anderen treiben, sind alles andere als harmlos: Müde und erschöpft schleppt sie sich durchs Leben, und an manchen Tagen kommt sie vor lauter Schmerzen nicht aus dem Bett. Im Allergietest bleibt der Mais negativ, doch als ein Arzt der Familie rät, völlig auf Maisprodukte zu verzichten, verschwinden sämtliche Symptome und die Hautaausschläge und Schreiattacken des kleinen Sohnes gleich mit. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Proteine oder Gifte im genveränderten Mais die allergischen Reaktionen auslösen.

Shetterly berichtet aber nicht nur von ihrem Leidensweg und dem ungeheuren Aufwand, der damit verbunden ist, in einer von Maisproteinen durchdrungenen Kultur auf sämtliche Maisprodukte zu verzichten. Sie folgt auch der Spur der Lebensmittel und des Honigs in die Mais- und Sojawüsten des Mittleren Westen und fliegt über den großen Teich nach Belgien und Deutschland, um mehr über die Zukunft der Bienen zu erfahren. Im Laufe ihrer Recherche wird offenbar, wie stark unser Essen (auch in Mitteleuropa, wo der Anbau von GV-Mais verboten ist) schon von genmanipulierten Substanzen unterwandert ist.

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Feminismus in Medien und Popkultur

ZeislerNeu im März 2017

Andi Zeisler: Wir waren doch mal Feministinnen.  Vom Riot Grrrl zum Covergirl – Der Ausverkauf einer politischen Bewegung. Aus dem Englischen von Katrin Harlaß und Anne Emmert.

Feminismus ist hip. Beyoncé und Emma Watson bekennen sich zum »F-Wort«, Taylor Swift sowieso. Ob die TV-Serie Game of Thrones frauenfeindlich ist oder nicht, darüber redet sich mittlerweile nicht mehr nur die Community im Netz, sondern auch das Feuilleton die Köpfe heiß.Und eine ganze Marketingindustrie schreibt sich »Empowerment« auf die Fahnen, um damit so gut wie jedes Produkt, von Unterwäsche bis Frühstücksflocken, an die Frau zu bringen. Was als politische Bewegung für soziale Gerechtigkeit begonnen hat, scheint heute kaum noch mehr als ein Shoppingtipp in einem großen, bunten Markt zu sein, der uns Lösungen für Probleme und Problemzonen verkauft, die erst das System zu solchen macht. Der Feminismus als Marke setzt individuelle Selbstverwirklichung über kollektive Solidarität.
Andi Zeisler, Gründerin und Herausgeberin des Bitch Magazine, nimmt in ihrem höchst unterhaltsamen Buch eine schillernde Reihe von Beispielen aus Popkultur, Medien und Werbung unter die Lupe und zeigt, wie der Feminismus vereinnahmt und verwässert wurde. »Ermächtigung« ist in aller Munde, auf der anderen Seite hat die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gezeigt, dass Sexismus auf erschreckende Art salonfähig ist.
Unerschrocken und mit beißendem Witz erzählt dieses Buch, wie wir es dazu haben kommen lassen, und es erinnert uns daran, dass mit Feminismus eigentlich einmal etwas anderes gemeint war. (Verlagstext)

Gesund ins Alter

Jung bleiben von Bill Gifford

Bill Gifford: Jung bleiben! Warum wir altern – und was wir dagegen tun können. München: Heyne, 2016.

Übersetzt von Anne Emmert und Fabienne Pfeiffer.

Bill Gifford geht der Frage nach, warum wir altern und ob wir etwas dagegen tun können. Die Alternsforschung hält auf diversen Gebieten Überraschungen bereit und entzaubert moderne Mythen wie etwa die Behauptung, dass künstlich zugesetzte Wachstumshormone ein längeres Leben bescheren. Manche Forschungen sind vielversprechend, doch solange wir den Schlüssel zu einem längeren, gesünderen Leben nicht gefunden haben, können wir jedenfalls die altbekannten Ratschläge beherzigen: Bewegung und Ernährung entscheiden über eine längere Gesundheitsspanne. Denn was nützt uns ein langes Leben, wenn wir die letzten Lebensjahre krank und unbeweglich sind?

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Griechenland unter deutscher Besatzung

AE_MazowerErscheint am 25. Mai 2016:

Mark Mazower: Griechenland unter Hitler. Das Leben während der deutschen Besatzung 1941-1944. Frankfurt a. M.: S. Fischer 2016.  Übersetzt von Ursel Schäfer, Jörn Pinnow und Anne Emmert

Im 1941 marschierte die deutsche Wehrmacht in Griechenland ein. Mark Mazower schildert unter Heranziehung verschiedenster Quellen die erbarmungslose Besatzungsherrschaft und ihre Folgen für die weitere Entwicklung Griechenlands. Er erzählt von der Hungerkatastrophe im ersten Jahr der deutschen Besatzung, den Querelen zwischen den Achsenmächten Deutschland und Italien, der Deportation der Juden in die Vernichtungslager, dem Widerstand durch Partisanen und den Vergeltungsaktionen der Deutschen, bei denen unzählige Geiseln hingerichtet und ganze Dörfer ausgelöscht wurden. Mazower blickt ins Innerste des alltäglichen Wahnsinns, sowohl aus Perspektive der Deutschen wie auch aus Sicht der griechischen Bevölkerung und der Partisanen.

Obwohl der britische Historiker und Balkanexperte Mark Mazower dieses Buch schon vor 20 Jahren schrieb, hat es nichts an Aktualität eingebüßt. Entschädigungsfragen bleiben ungeklärt, die Folgen der NS-Herrschaft und der anschließenden Einmischung durch Briten und Amerikaner sind in der griechischen Politik und Gesellschaft bis heute spürbar. Eine Pflichtlektüre für alle, die sich zur Griechenlandfrage eine eigene Meinung bilden wollen.

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